Kampf gegen den „politischen Islam“ nun auch auf Landesebene
Die österreichische Regierung hatte den umstrittenen Kampf gegen den sogenannten politischen Islam angestoßen. Dieser wird nun auf Landesebene fortgesetzt – wo immer mehr Rechtsaußen-Koalitionen entstehen.
Den Kampf gegen den „politischen Islam“ auf Landesebene bringen (Others)

Seit Januar 2023 schmieden die christdemokratische Österreichische Volkspartei (ÖVP) und die rechtspopulistische Freiheitliche Partei Österreichs (FPÖ) gemeinsam eine Koalitionsregierung. Aufgrund des Proporzsystems gingen nach der Wahl zwar auch Sitze an zwei Sozialdemokraten. Diese befinden sich aber de facto in Opposition. Das Koalitionsabkommen schlossen die beiden rechten Parteien ÖVP und FPÖ. Landeshauptfrau wurde Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und ihr Stellvertreter Udo Landbauer (FPÖ).

Nach der Koalition im Land Salzburg und im Land Oberösterreich ist dies derzeit die dritte Koalition. Kurz nach der Wahl in Vorarlberg und vor der Wahl in der Steiermark scheinen auch hier weitere Koalitionen zwischen den beiden rechten Parteien möglich zu sein.

In einer dem Land Bayern vergleichbaren Hochburg der Christdemokraten in Vorarlberg hat die ÖVP 38 Prozent (Verlust von fünf Prozent) und die FPÖ 28 Prozent (Zuwachs von 14 Prozent) der abgegebenen Stimmen erhalten. In der Steiermark führt die FPÖ derzeit sogar mit 29 Prozent, knapp gefolgt von der ÖVP mit 22 Prozent und der SPÖ mit 21 Prozent.

Die Islampolitik der Kurz-Strache-Ära

Die Landesregierungen scheinen – mit der Ausnahme Salzburgs, wo eine Pragmatikerin die FPÖ führt – in islampolitischen Fragen die Linie, die während der Koalition zwischen Sebastian Kurz (ÖVP) und Heinz-Christian Strache (FPÖ) vorgegeben wurde, weiter zu vertiefen.

Diese war geprägt von zahlreichen rechtswidrigen Vorstößen, die von den Höchstgerichten wieder aufgehoben wurden. Man erinnere sich nur an die widerrechtlichen Moschee-Schließungen sowie an die widerrechtlichen Kopftuchverbote. Es gab aber auch Maßnahmen, die bis heute weiterverfolgt werden, besonders im außerparlamentarischen und im sicherheitspolitischen Raum.

Dazu zählt etwa die 2020 eingerichtete Dokumentationsstelle Politischer Islam. Diese ist de facto eine permanente Beobachtungsstelle des organisierten Islams, die beinahe die gesamte muslimische Verbandswelt bzw. die quasi-kirchliche Vertretung des Islams in Österreicher im Namen des Kampfes gegen den sogenannten politischen Islam ins Visier nimmt. Der sicherheitspolitische Kampf gegen das Schreckgespenst des politischen Islams ist besonders in den vergangenen Monaten weiter verschärft worden.

Aktionsplan gegen den „radikalen politischen Islam“

Nun hat auch die niederösterreichische Landesregierung die Ausarbeitung eines Aktionsplans gegen den „politisch radikalen Islam“ verlautbart. Der niederösterreichische FPÖ-Chef Udo Landbauer, der selbst eine Mutter mit persischen Wurzeln hat, beruft sich darauf, dass die Dokumentationsstelle Politischer Islam bestätige, dass die Anhängerschaft des „radikalen Islam“ sich im „Aufwind“ befinde.

Die Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner meint, dass es auch auf Landesebene zur Schaffung einer Beratungs- und Beobachtungsstelle gegen den „radikalen politischen Islam“ komme. Dies war bereits im Regierungsprogramm festgehalten worden. Die Strategie soll mitunter von Personal, das auch im wissenschaftlichen Beirat der Dokumentationsstelle Politischer Islam tätig ist, ausgearbeitet werden.

Landbauer meint, der politische Islam sei die „größte Bedrohung und Gefahr für unsere Demokratie, den Rechtsstaat und die Sicherheit in unserem Land“. Er spricht mit endzeitlicher Rhetorik über einen „entschlossenen Kampf“, bei dem es keine Kompromisse geben dürfe.

Besonders bezeichnend ist, dass die sozialdemokratische Opposition nach der Pressekonferenz daran erinnerte, dass sie bereit seien, gemeinsam mit der Regierung ein Verbotsgesetz gegen den politischen Islam zu beschließen.

Das gab es unter Kurz-Strache bereits auf Bundesebene im Sommer 2022. Anstatt die Rechts-Rechts-Regierung zu kritisieren, sagte die einzige sozialdemokratische Landesrätin Kathrin Schindele: „Schade, dass ÖVP und FPÖ wieder einmal so lange brauchen, um Problemfelder zu erkennen.“

Fokus Schulraum

Treffen wird es kurzfristig wieder die am meisten Vulnerablen: die Kinder. Es soll ein intensives Netzwerk etabliert werden, um mitunter Kindergarteneinrichtungen, Schulen, Kinder- und Jugendhilfen bis hin zur Landespolizeidirektion miteinander im Kampf gegen den „radikalen politischen Islam“ zu vernetzen.

Was das auf Bundesebene bedeutet, hat die Bundesregierung von ÖVP und Grüne im Zuge des Gaza-Krieges bereits gezeigt: Mehrere Hunderte Beamte des österreichischen Inlandsgeheimdienstes „Direktion Staatsschutz und Nachrichtendienst“ (DSN) rücken in die Schulen aus, um dort sogenannte Präventions- und Deradikalisierungsarbeit zu leisten. Nachdem 2023 bereits 60 Beamte in die Schulen geschickt wurden, hat der ÖVP-Innenminister Gerhard Karner soeben verkündet, weitere 160 Beamte in diesem Bereich einzusetzen.

Die niederösterreichische Landeshauptfrau der ÖVP polemisierte vor allem in Richtung der Eltern. Härtere Strafen sollen für diese gelten, wenn sie ihre „Mitwirkungspflicht an der Integration ihrer Kinder in der Schule verletzten“.

Dass etwa 60 Prozent der in Niederösterreich tätigen muslimischen ReligionslehrerInnen im Ausland ausgebildet seien, bezeichnete sie als Problem. Man wisse ja nicht, welches Weltbild dort vermittelt werde, so die Unterstellung. Muslimische Mädchen würden angeblich in eine Parallelgesellschaft gedrängt werden, so eine weitere Annahme, und nicht am Turn- oder Schwimmunterricht teilnehmen dürfen.

„Jede und jeder soll seine Religion frei ausüben können, aber dort wo die Religion missbraucht wird, um die Freiheit und die Sicherheit unserer Landsleute zu gefährden, müssen wir einschreiten“, meint die ÖVP-Landeshauptfrau. Dass aber genau das geschehen wird, indem muslimische Religiosität von Sicherheitsbeamten interpretiert wird und in Folge dessen kriminalisiert wird, scheint nun auch auf Landesebene Schule zu machen.

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