Handelsvolumen mit Deutschland steigt - doch China übt Protektionismus
Das bilaterale Handelsvolumen zwischen China und Deutschland hat die Marke von 200 Milliarden Dollar überschritten. Doch China belegt seit zehn Jahren deutsche Produkte mit steigenden Schutzzöllen. Ist das noch Protektionismus?
(AFP)

China, das sich mit künstlicher Intelligenz, 5G-Netz, innovativen Technologien und der Initiative Neue Seidenstraße hervorgetan hat, ist eine der führenden Mächte der Weltwirtschaft. Deutschland wiederum ist ein wichtiger Akteur in der weltweiten Fertigungsindustrie und Vorreiter in der Technologieproduktion. Peking und Berlin gemeinsam, die beiden großen Volkswirtschaften des Ostens und Westens, machen mehr als 20 Prozent des Welthandels aus. Die Beziehungen zwischen Deutschland und China, die mit ihren Produktionsmöglichkeiten, globalen Technologieunternehmen und großen Exportkapazitäten die treibenden Staaten der Weltwirtschaft sind, stehen vor neuen Transformationsprozessen. Dabei spiegeln die Struktur, die Dauer und die ganzheitliche Stellung dieses vordergründig konfliktlosen Wandels die Natur der historischen Beziehungen dieser Staaten wider. Darüber hinaus birgt Pekings wachsende Kaufkraft und steigender Wohlstand das Potenzial, das globale System zu reformieren. Die Investitionen Chinas, das zum größten Importpartner Deutschlands geworden ist, stärken die politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Möglichkeiten. Dies verändert auch den Umfang und die Bedeutung der bilateralen Beziehungen. Und Deutschland nimmt unter den Staaten, die von den sich verändernden Rahmenbedingungen tangiert werden, eine Schlüsselrolle ein. Insbesondere die nach der globalen Finanzkrise ausgeweiteten Maßnahmen zum Schutz der eigenen Märkte können die Beziehungen zwischen den Parteien potentiell beeinträchtigen. Die wachsende Macht Ostasiens im Welthandel gefährdet die exponierte Stellung Deutschlands auf den Exportmärkten.

Politische Beziehungen zwischen China und Deutschland

Nach der Machtübernahme der Kommunistischen Partei Chinas führte die Aufnahme von Beziehungen zur damaligen DDR zu einer Belebung der wirtschaftlichen Aktivität. Die deutsche Wiedervereinigung kam der Weiterentwicklung der politischen und wirtschaftlichen Beziehungen zugute. Chinas Öffnung zur Außenwelt mit liberalen Reformen erkor den Handel zum Hauptziel der nationalen Wirtschaft. Damit gewannen diplomatische und politische Beziehungen wesentlich an Bedeutung. Auch die Beziehungen zwischen Deutschland und China sind unter diesen Gesichtspunkten zu betrachten. Denn schließlich nehmen beide Seiten eine sehr bedeutende Stellung in der Weltwirtschaft ein, und die Wirtschaftsbeziehungen wirken sich ebenso auf die Diplomatie aus. Das Ansehen, das China in Regionen wie Asien, Afrika und Lateinamerika erfährt und die damit einhergehende wirtschaftliche Dynamik, schwächt gleichzeitig Deutschlands Position in diesen Regionen. Die Regierung in Berlin, tendenziell dazu neigend, gemeinsam mit den USA, Großbritannien und der EU gegen China zu agieren, dürfte von einer solchen Stärkung Ostasiens kaum profitieren. So trägt die neu aufgelegte Seidenstraße für den Balkan und die osteuropäischen Staaten das Potenzial in sich, den Einfluss Chinas selbst in den Regionen auszuweiten, in denen Deutschland wirtschaftlich stark aufgestellt ist. Diese Umstände weisen darauf hin, dass nach der globalen Pandemie die politischen Spannungen zunehmen werden.

Wandel in den wirtschaftlichen Beziehungen

China tätigte in den letzten 20 Jahren weltweit Investitionen in Höhe von 2 Billionen Dollar. Dabei sind Europa und Afrika die größten Profiteure dieser Investitionen. Während Europa das Hauptziel von Pekings Außenhandel ist, stehen in Afrika die natürlichen Ressourcen im Fokus. China investierte bis dato 400 Milliarden Dollar innerhalb der EU, davon flossen 48 Milliarden Dollar nach Deutschland. Bei den chinesischen Investitionen in Deutschland, das seinen Platz gleich hinter Großbritannien einnimmt, stechen die Bereiche Verkehr, Energie, Finanzen und Immobilien hervor. Bei den deutschen Investitionen in China nehmen die Bereiche Automobilindustrie, Maschinenbau und Schwerindustrie einen wichtigen Platz ein. Für China, das sich zum größten Handelspartner der Welt entwickelt hat, ist die Aufrechterhaltung eines Gleichgewichts von entscheidender Bedeutung. Denn Produkte müssen dauerhaft importiert und exportiert werden. Dafür investiert Peking einerseits in vielen Staaten und trägt somit zu deren Entwicklung bei und betrachtet andererseits Deutschland als Technologiestützpunkt. Schaut man sich die Exporte Chinas nach Deutschland an, so nehmen Elektromaschinen, Kraftwerkskomponenten, Textilprodukte, Möbel und Fahrzeuge einen großen Anteil ein. Bei den chinesischen Importen wiederum stehen Personenkraftwagen, Zugausrüstungen, Maschinen, technologische Produkte und Chemikalien im Vordergrund. Trotz Pandemie hat das bilaterale Handelsvolumen die Grenze von 200 Milliarden Dollar überschritten. Unter diesen Gesichtspunkten pflegen beide Staaten eine politische Agenda, die den Wirtschaftsbeziehungen Priorität einräumt.

Handelsprotektionismus und politischer Machtkampf

Handelskriege, Handelsprotektionismus und wirtschaftlicher Konkurrenzkampf sind Begriffe, die in den Beziehungen zwischen den USA und China häufig zu hören sind. Washington ergriff bis dato zahlreiche Maßnahmen, um Pekings wachsende Macht einzugrenzen. Dabei spielten Handelsbeschränkungen eine große Rolle. Tatsache ist auch, dass in der gesamten EU die gleichen politischen Hürden gegenüber China bestehen. Während also chinesische Unternehmen beim Eintritt in den EU-Markt mit Problemen zu kämpfen haben, werden im Gegenzug Produkte europäischer Unternehmen auf staatlicher Ebene mit Beschränkungen und Hürden belegt. Verwiesen sei in diesem Zusammenhang beispielsweise auf die jüngsten Kabinettsbeschlüsse der deutschen und französischen Regierungen. Immer mehr Staaten greifen inzwischen auf handelsprotektionistische Maßnahmen zurück, um China, das zu einem Handelsriesen geworden ist, im Zaum zu halten. Auch Deutschland befindet sich unter diesen Staaten. Dementsprechend ergriff Deutschland zwischen 2009 und 2021 insgesamt 593 Schutzmaßnahmen gegen China, während China umgekehrt 1701 Maßnahmen gegen Deutschland verabschiedete. Zu den Bereichen, die am stärksten davon betroffen waren, zählen Computer, Maschinen, Automobile, Eisen, Stahl und chemische Produkte. Diese Bereiche nehmen einen erheblichen Teil des bilateralen Handelsvolumens ein, und deutsche Großunternehmen sprechen sich für den Ausbau der wirtschaftlichen Beziehungen aus. Denn letztlich profitieren diese Firmen in China von den Standortvorteilen in puncto Kosten, Technologie und Personal. Dahingegen werden die politischen Beziehungen aufgrund von Menschenrechtsverletzungen, Maßnahmen zum Handelsprotektionismus und einem unfairen Wettbewerb in China zunehmend belastet. Letztlich kann ein Wechsel der Koalitionskonstellation nach den anstehenden Wahlen in Deutschland zu weitreichenden Spannungen in den Beziehungen führen.

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