Deutsch-russische Beziehungen: Die Zeichen stehen auf Konfrontation
Spätestens seit dem Ukraine-Krieg sind die Fronten zwischen Deutschland und Russland verhärtet. Eine Entspannung ist nicht in Sicht. Im Gegenteil: Sanktionen und Säbelrasseln bestimmen das Verhältnis.
Wladimir Putin und Olaf Scholz/ Foto: DPA (DPA)

Die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland waren seit jeher ambivalent. Es gab immer wieder Phasen der Annäherung und Konfrontation. In den vergangenen Jahren haben sich die Beziehungen aus verschiedenen geopolitischen und wirtschaftlichen Gründen weiter angespannt. Deutschland hat sein Verhältnis zu Russland im Rahmen der von der Europäischen Union (EU) verhängten Sanktionen gegen Russlands Einmarsch in der Ukraine stark eingeschränkt.

Als Bündnismitglied der NATO und Kernland der EU war Deutschland veranlasst, die guten Beziehungen der vergangenen zweieinhalb Jahrzehnte gegenüber Putin zu revidieren. Die Energieabhängigkeit – denn Deutschland ist in hohem Maße auf russischem Erdgas angewiesen – schränkte den Handlungsspielraum Deutschlands bei strategischen Fragen mit Moskau in der Vergangenheit stets ein.

Der Anstieg der Energiepreise auf dem Weltmarkt hat damit auch negative Auswirkungen auf die deutsche Gesellschaft. Die Bundesregierung hat dieses Problem frühzeitig erkannt und ihre Bürger finanziell unterstützt – ihnen mit Inflationsprämien, Hilfen und verschiedenen Anreizen unter die Arme gegriffen. Die Bundesregierung ist jedoch bestrebt, ihre Energieabhängigkeit von Russland zu verringern. Dafür soll die Energiewende beschleunigt werden. Dieser Schritt könnte Berlin helfen, eine unabhängigere Position in seinen Beziehungen zu Moskau einzunehmen.

Deutschland besorgt über russische Einflussnahme

Neben dem großen Thema der Energiesicherheit stechen besonders die Themen Cybersicherheit, mögliche Wahlbeeinflussung und Spionage hervor. Deutschland äußert häufig seine Besorgnis über russische Cyberangriffe und Einmischungen in demokratische Prozesse. Das Parlamentarische Kontrollgremium (PKGr) hat vor wenigen Wochen eine öffentliche Bewertung der „russischen Einflussnahme in Deutschland“ vorgestellt.

Darin heißt es: „Der Instrumentenkasten hybrider Angriffe [Russlands] reicht der Unterrichtung zufolge ‚von umfangreichen Desinformationskampagnen in Medien, sozialen Netzwerken und auf Plattformen, massiver Propaganda über Hack- and Leak-Operationen, Spionage und Cyberangriffe, gezielte Instrumentalisierung und Förderung von Migration, Wahlbeeinflussung und Beeinflussung der politischen Willensbildung bis hin zur - auch finanziellen - Unterstützung extremistischer Gruppierungen‘.“

Waren Diplomaten als Agenten tätig?

Es besteht kein Zweifel daran, dass Versuche der Einflussnahme von den Sicherheitsorganen beider Staaten ernstgenommen werden. Kurz nach dem Einmarsch Russlands in die Ukraine wiesen Deutschland und Russland gegenseitig Diplomaten aus, die der Spionage verdächtigt wurden. Die Amtsträger waren allesamt bei den jeweiligen Botschaften in Berlin und Moskau akkreditiert. Zudem wurden in jüngster Zeit bereits mehrere deutsche Offiziere, Geheimdienstler und Militärangehörige unter dem Vorwurf der Spionage für Russland festgenommen.

Die Bundeswehr registriert überdies eine verstärkte Spionagetätigkeit russischer Stellen bei den deutschen Streitkräften. Auf der anderen Seite bewertet Russland „Aktivisten“ und Organisationen, die deutsche Interessen vertreten oder Gelder aus dem Westen beziehen als „ausländische Agenten“.

Taurus-Leak stellt Deutschland bloß

Ein wichtiger Vorfall, der die nachrichtendienstlichen Spannungen zwischen Deutschland und Russland verdeutlicht, ist die im März 2024 an die Presse geleakte Tonaufnahme eines Treffens deutscher Militärs, bei dem die Lieferung von Taurus-Raketen an die Ukraine erörtert wurde.

Nach diesem Vorfall wandte sich der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) mit scharfen Worten an den russischen Präsidenten Wladimir Putin. Dies sei ein „hybrider Angriff der Desinformation“, der darauf abziele, Deutschland zu spalten und seine Entschlossenheit zu untergraben, so Pistorius.

Ähnlich äußerte sich Roderich Kiesewetter, Verteidigungs- und Außenpolitikexperte der CDU, der aber auch schon zuvor forderte, dass sich der Westen „mental und materiell“ auf einen Krieg gegen Russland einzustellen habe.

Deutsche Rechtsextremisten mit einer „Schwäche“ für Putin?

Die Warnung, dass es in Deutschland Russen oder Deutsche gebe, die mit dem russischen Präsidenten sympathisieren und bereit seien, im Sinne der russischen Interessen zu handeln, ist nicht neu. Rechte Parteien und Neo-Nazis buhlen seit längerer Zeit um die Gunst von Russlanddeutschen.

Auch Thomas Haldenwang, der Chef des Inlandsgeheimdienstes, wies darauf hin, dass Deutschland sich im Fokus russischer Dienste befinde, da es als Waffenlieferant und bei der Ausbildung ukrainischer Soldaten einen Beitrag leiste.

Gerade in Reihen der Alternative für Deutschland (AfD) und in Teilen Ostdeutschlands gibt es Leute, die eine gewisse Nähe zu Russland unterhalten. So hieß es jüngst in einem Spiegel-Bericht über derlei Kontakte: „Mutmaßliche Geldzahlungen aus Russland, mutmaßliche russische und chinesische Agenten in Abgeordnetenbüros, Strategieempfehlungen aus dem Kreml: Die AfD steckt offensichtlich weit tiefer im Autokratensumpf als bislang vermutet.“

Vorläufiger Tiefpunkt in den deutsch-russischen Beziehungen ist die Abberufung des deutschen Botschafters in Moskau, Alexander Graf Lambsdorff, zu Konsultationen nach Berlin. Der Grund für diesen Schritt sind Cyberangriffe, die sich unter anderem gegen die SPD richteten und Russland zugeschrieben werden.

Weitere Spannungen zwischen Russland und Deutschland

Abgesehen von diesen Vorfällen hat Deutschland immer wieder seine Besorgnis über Menschenrechtsverletzungen und die Rechtsstaatlichkeit in Russland zum Ausdruck gebracht. Besonders die Vergiftung des Oppositionsführers Alexej Nawalny und sein plötzlicher Tod in Haft haben die Haltung Deutschlands gegenüber Russland weiter verhärtet. Aber auch die Situation der Krimtataren und anderer muslimischer Kaukasusvölker in Russland sind Punkte, die Putin nicht nur in Europa angreifbar machen.

Hinzu kommen politische und militärische Spannungen. Die NATO-Osterweiterung und die militärischen Aktivitäten Russlands an der europäischen Grenze wecken in Deutschland teils massive Sicherheitsbedenken. Als Teil der NATO ergreift Deutschland verschiedene militärische Maßnahmen gegen die Aktionen Russlands und beteiligt sich an Projekten sowohl mit der EU als auch des Atlantikbundes.

Vorbereitung auf einen möglichen Krieg in Europa?

Diese belastenden Probleme könnten die Beziehungen zwischen Deutschland und Russland dauerhaft und irreparabel schädigen. Der Kampf um Informationen hat bereits dafür gesorgt, dass deutsch- und russischsprachige Medien in Deutschland verboten wurden. Hätte Deutschland, das sich als Verfechter der Presse- und Meinungsfreiheit brüstet, so einen Schritt überhaupt nötig gehabt?

Der Rechtsexperte Christian Rath von der taz sagte dazu: „Hier werden präventiv Sender stillgelegt, statt wie üblich auf die Kraft des Diskurses zu vertrauen und Verbote auf konkrete Straftaten und Verletzungen von Persönlichkeitsrechten zu beschränken.“ Auf der anderen Seite sei es aber auch verständlich, dass im Vorfeld einer möglichen militärischen Auseinandersetzung in Europa, Staaten sich darauf vorbereiteten, „resilienter, robuster und wehrhafter“ gegen hybride Angriffe in Politik, Medien und Gesellschaft zu sein.

Auch die CDU hat auf die neue Bedrohungslage in Europa reagiert. Bei ihrem letzten Parteitag in Berlin vollzog sie eine Kehrtwende bei der unter dem damaligen Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) verabschiedeten Aussetzung der Wehrpflicht. So soll die Wehrpflicht nach dem Willen der CDU schrittweise wieder eingeführt werden. Keine Frage: Deutschland wird allmählich auf einen baldigen Ernstfall vorbereitet.

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