Vor nunmehr genau sieben Jahren fand in der Republik Türkiye ein unvorstellbar brutaler Putschversuch statt – die FETÖ-Terrororganisation, die seit mehreren Jahren den demokratischen, modernen Staat in Teilen unterwandert hatte, versuchte ein letztes Mal, das Land für immer zu zerstören.
251 Bürgerinnen, Bürger verloren ihr Leben, 2734 Menschen wurden, oftmals schwer, verletzt – die Republik Türkiye erkannte noch während der Nacht vom 15. auf den 16. Juli 2016 die wahren Motive des Terrorclans und seiner eiskalten Unterstützer im In- und Ausland.
Während wir heute, am 7. Jahrestag der Vereitelung des Putschversuches, vor allem der Opfer und ihrer Familien gedenken, müssen wir aber auch ein verknüpftes Thema ansprechen:
Ein moderner Staat, eine demokratisch gewählte Regierung, die unvorstellbar couragierten Menschen und meistens mit ihren bloßen Händen schafften ein historisches Wunderwerk – die abscheulichen Terroristen wurden noch in der Nacht in die Knie gezwungen, man hatte genug von Putschversuchen, denn seit rund 15 Jahren lebte man in einer Vorbilddemokratie.
Zwei Punkte: Erstens, FETÖ als Terrororganisation zu klassifizieren. Und zweitens muss man leider feststellen, dass eine besorgniserregende Anzahl von aktiven FETÖ-Sympathisanten ihre Lager ins Ausland verlegt haben. Wie kann man das Risiko für europäische Demokratien inklusive Deutschland bemessen?
FBI stellt Dinge richtig, leider nur vom Prinzip her
Selbstredend ist Vorsicht dabei geboten, eine Vereinigung mit dem terroristischen Umfeld in Verbindung zu bringen, es dürfen keinerlei analytischen und faktenbezogenen Fehler begangen werden. Von daher Blick Richtung FBI, dem „Federal Bureau of Investigation.“ Auf der FBI-Webseite werden zwei Varianten von Terrorismus vorgestellt: internationaler und inländischer Terrorismus. Während die erste Definition ausländische oder staatlich unterstützte Terrororganisationen anführt, basiert die zweite Definition auf Individuen oder auch Gruppierungen, die zum Beispiel politische, religiöse oder rassistische Ursprünge und Motive im Inland haben. Was beide Definition vereint, ist jedoch die Einführung in den jeweiligen Abschnitt im Text der „gewalttätige, kriminelle Aktivitäten“ als Ausgangspunkt hat (gekürzte Übersetzung d. Verf.).
Obwohl die PKK auch von Washington seit 1997 als ausländische Terrororganisation klassifiziert wird, schreckt die US-Administration davor zurück, FETÖ als ebensolche einzustufen.
Die Administration in Washington wäre aber gut beraten, sich selbst die Definition ihres eigenen FBI zu Gemüte zu führen.
Gewalttätig und kriminell – das könnte auch der durchschnittliche Fußball-Hooligan sein. Wenn aber ideologische, politische oder auch rassistische Motive hinzukommen, muss der Bogen weiter gespannt werden. FETÖ fällt von daher eindeutig unter die FBI-Definition von inländischem oder ausländischem Terrorismus.
Auf dem Papier – perfekt. In der Realität – Fehlanzeige. FETÖ-Anführer Gülen lebt noch immer in seinem Hochsicherheitsanwesen in Pennsylvania mit der vollen Duldung der US-Behörden. Unvorstellbar.
Restrukturiert sich FETÖ auch in Europa?
Eine Erklärung für diese o.a. zögerliche Haltung in Europa und auch Nordamerika könnte der weitverbreitete Irrglauben sein, FETÖ wäre vom Prinzip her ein hausgemachtes türkisches Problem, welches andere Staaten nicht betrifft. Weit gefehlt, möchte man sagen – dieselben Unterwanderungsmethoden, die FETÖ in Türkiye praktizierte, werden immer häufiger auch im Ausland bemerkt, als da wären: Verschleierung der wahren Motive unter dem Deckmantel, eine freiheitsliebende, nur leicht religiös orientierte soziale Bewegung zu sein. Aufbau von Vereinen und Assoziationen mit höchst einladenden Namen wie Frohsinn, so als ob man ein Tierschutzverein wäre. Und dann die Schulen und Studentenwohnheime – ohne Geld keine Unterwanderung des Staates und der Gesellschaft. Privatschulen und private Wohnheime sind die beste theoretisch legale Finanzierungsoption. Buchverlage und Publikationen. Spendensammlungen. Schutzgelderpressung.
Die wichtigste Frage in diesem Zusammenhang ist aber die folgende: Angenommen, der FETÖ-Terrorzug in Türkiye ist sprichwörtlich betrachtet für immer abgefahren und kann niemals mehr umkehren – warum würden also FETÖ-Jünger nun im Ausland genau dieselben Taktiken wie vormals in Türkiye verwenden?
Einzige logische Antwort: Um eines Tages den Menschen, den Ländern, die ihnen auf illegale Weise einen sicheren Hafen angeboten hatten, in den Rücken zu fallen. Warum sehen das die Ermittler in Europa, den USA und anderswo nicht? Wer garantiert Europa, den USA, anderen Staaten, dass nicht genau dasselbe Ziel weiterverfolgt wird, nur auf fremdem Boden?
Die türkische Demokratie – stärker denn je – hat einen Anspruch auf Auslieferung der noch frei amtierenden Rädelsführer, egal ob zum Beispiel versteckt in Skandinavien, woanders in Europa, Südafrika oder in Nordamerika.
Ausblick: Zeigt die NATO den Weg nach vorne?
Aber es bewegt sich etwas, langsam, aber stetig. Vor wenigen Tagen, am 10. Juli 2023, erklärte die NATO am Rande des Vilnius-Gipfeltreffens (Pressemitteilung, 22:00 Uhr), dass (…) Schweden keinerlei Unterstützung an die von Türkiye als FETÖ betitelte Organisation leisten will.
Ein erster kleiner Schritt, viele große müssen folgen, egal ob hier in Schweden – von wo dieser Meinungsbeitrag verfasst wurde – oder anderswo.