von Ufuk Necat Taşçı
Die Gebrüder Wright mögen das erste motorisierte Flugzeug erfunden haben, aber der muslimische Ingenieur Abbas ibn Firnas aus dem 9. Jahrhundert gilt als der erste Mensch, der mit Hilfe eines aus Seide, Holz und echten Federn gebauten Flügelpaares einen Flug absolviert hat.
Historikern zufolge startete Ibn Firnas, als er bereits zwischen 65 und 70 Jahre alt war, seinen Flugversuch von einer Klippe auf dem jemenitischen Berg Dschabal al-Arus. Dabei blieb er mindestens zehn Minuten in der Luft. Der Landungsversuch verlief weniger erfolgreich – der Flugpionier verletzte sich.
Er erkannte, dass ein Flug mit Flügeln alleine ausbalanciert werden kann. Während er sich auf das eigentliche Fliegen konzentrierte, vernachlässigte er zudem den Landungsprozess. Das Ergebnis war eine Bruchlandung.
Die Flugvorrichtung bestand angeblich aus Federflügeln. Beim Versuch zu landen soll er sich beide Beine gebrochen haben. Er führte die misslungene Landung darauf zurück, dass er vergessen hatte, einen Steuerschwanz zu konstruieren.
Noch lange bedeutete das nicht das Ende von Ibn Firnas, der weitere zwölf Jahre lebte und seine Forschungen fortführte.
So gilt Ibn Firnas als Person hinter der Theorie, die zur Entwicklung des Ornithopters führte. Es handelt sich um ein Flugobjekt, das Vögel imitiert und sich mittels Flügelschläge in der Luft fortbewegt. Seine Flugmaschinendiagramme wurden Ende des 20. Jahrhunderts zu Eckpfeilern der modernen Luftfahrttechnik.
Das Fliegen ist ein lange gehegter Traum der Menschheit gewesen. Der Weg dorthin ist voller Mythen und Fabeln, in denen Menschen mit Flügeln außergewöhnliche Dinge am Himmel vollbringen. In der griechischen Mythologie geht man davon aus, dass Ikarus entgegen dem Rat seines Vaters so nah an die Sonne heranflog, dass seine gewachsten Federn schmolzen. Er stürzte ab und ertrank im Meer.
Was die praktische Anwendbarkeit des Fliegens betrifft, so wurde das erste Experiment, bei dem sich ein Objekt in der Luft fortbewegte, tatsächlich von zwei chinesischen Philosophen, Mozi und Lu Ban, durchgeführt. Beide gelten als die Erfinder des Flugdrachens.
23 Jahre lang Flugmuster untersucht
Nichtsdestotrotz gilt Ibn Firnas als führend auf seinem Gebiet, da er der erste Mensch war, der mit Flügeln flog. Geboren im 9. Jahrhundert in Andalusien in Izn-Rand-Onda al-Andalus, in der heutigen spanischen Stadt Ronda, verbrachte er den größten Teil seines Lebens im Emirat Cordoba, einem der wichtigsten Bildungsstätten während des Umayyaden-Kalifats. Dreiundzwanzig Jahre lang studierte er die Flugmuster verschiedener Vögel und Objekte.
Einige Jahrhunderte später im Jahr 1638 absolvierte der osmanisch-türkische Luftfahrtpionier Ahmed Çelebi den nächsten erfolgreichen Segelflug. Er glitt vom Galataturm in Istanbul springend eine etwa drei Kilometer lange Luftstrecke über den Bosporus. Dabei verwendete er selbstgebaute künstliche Flügel.
Ibn Firnas' großes Interesse an Wissenschaft und Technik führte ihn außerdem zur Erfindung wasserbetriebener Uhren. Er experimentierte ebenso mit Sand und Quarzkristallen. Historiker würdigten ihn für die Entwicklung eines Verfahrens zur Herstellung farblosen Glases für Sehhilfen.
Ibn Firnas ist berberischer Abstammung. Mehrere Flughäfen, Brücken, Berge, Parks, Alleen und wissenschaftliche Einrichtungen wurden nach ihm benannt, insbesondere in Ländern mit muslimischer Bevölkerungsmehrheit. Eine Statue von ihm steht sogar in der Nähe des Flughafens von Bagdad und auch eine Brücke über den Fluss Guadalquivir in Cordoba, Spanien, ist nach ihm benannt.