In jüngster Vergangenheit ist eine deutliche Zunahme von Rassismus und Islamfeindlichkeit in Europa zu beobachten. Das konstatierte Hakan Çavuşoğlu, der Vorsitzende der Untersuchungskommission für Menschenrechte der Großen Türkischen Nationalversammlung (TBMM). Im Rahmen seines offiziellen viertägigen Deutschlandbesuchs sprach Çavuşoğlu darüber am Donnerstag in Berlin mit TRT Deutsch.
Rassistische Übergriffe von Opfern häufig nicht gemeldet
Çavuşoğlu erklärte, dass sich die Unterkommission derzeit in der Bundeshauptstadt befinde, um unter anderem Erkenntnisse über die Entwicklung gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit zu sammeln. Die Bilanz gebe Anlass zur Sorge: In ganz Europa sei eine Zunahme von Rassismus und Islamfeindlichkeit zu beobachten. Deutschland sei dabei eines jener Länder, in denen sich dieser Trend am sichtbarsten abbilde.
Türken und Muslime, die in allen Bereichen der Gesellschaft Angriffen ausgesetzt seien, würden sich aus verschiedenen Gründen häufig gar nicht erst an die Behörden wenden. Das habe vor allem zwei Gründe. „Der erste ist, dass es sowieso kein Ergebnis geben wird“, erläutert Çavuşoğlu. „Zweitens wird es aus Angst, dass einem etwas zustoßen könnte, den zuständigen Behörden nicht vollständig gemeldet.“
Mehrheit der Deutschen lässt sich gegen den Islam aufhetzen
Im Jahr 2020 habe es 901 Fälle von rassistischen Übergriffen in Deutschland gegeben, aber keine einzige Festnahme. Recherchen hätten ergeben, dass 54,5 Prozent der Deutschen den Islam als eine „Bedrohung“ sehen, so Çavuşoğlu. Das würde sich auch in der Rhetorik der rechtsextremen Parteien, zunehmend aber auch jener der Mitte-Rechts-Parteien widerspiegeln.
Çavuşoğlu wies darauf hin, dass im Kampf gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und antimuslimischen Rassismus keine ausreichenden Anstrengungen unternommen oder Ergebnisse erzielt worden seien. Als Beispiel dafür nannte Çavuşoğlu den Anschlag von Hanau sowie das späte und eher zufällige Auffliegen des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU).