Studie: Obdachlose im Alltag meist sehr aktiv und strukturiert
Obdachlose müssen zur Bewältigung ihres Alltags sehr aktiv sein und täglich lange Wege zurücklegen, um öffentliche Hilfen nutzen zu können. Das ist das Ergebnis einer Studie, die das Raumnutzungsverhalten obdachloser Menschen in Köln untersucht hat.
Obdachlose sind im Alltag meist sehr aktiv und strukturiert  (Archivbild)/ Foto: DPA (DPA)

Obdachlose müssen einer Studie zufolge täglich weite Wege zurücklegen, um öffentliche Hilfen nutzen zu können. „Wohnungslose Menschen werden häufig als faul stigmatisiert, obwohl sie für die Bewältigung ihres Alltages sehr aktiv und strukturiert sein müssen“, sagte Nora Sellner, Forscherin der Katholischen Hochschule Nordrhein-Westfalen (katho). Die ehemalige Sozialarbeiterin hat gemeinsam mit den Professoren Werner Schönig und Guido Heuel das sogenannte Raumnutzungsverhalten obdachloser Menschen in Köln untersucht.

In der Studie wurde unter anderem durch Umfragen und GPS-Tracking geklärt, wie sich Wohnungslose im öffentlichen Raum bewegen. Auffällig sei, dass sie täglich große Strecken zurücklegen müssten, sagte Sellner. „Es ist wie in einer Wohnung. Nach dem Aufstehen geht man ins Bad, in die Küche und so weiter. Obdachlose benötigen für einzelne Schritte wie Waschen, Kaffee trinken, Mittagessen oder das Handy aufladen oft unterschiedliche Einrichtungen“ - und müssen folglich oft große Distanzen überwinden.

Unterschiedliche Raumnutzungstypen identifiziert

Die Kölner Studie habe über die Stadtgrenzen hinaus Aussagekraft: „Ich gehe davon aus, dass unser Modell auf andere Großstädte übertragbar ist. Eine Folgestudie über wohnungslose Menschen im ländlichen Raum könnte allerdings weitere Ergebnisse hervorbringen“, sagte Sellner. Der Forscherin zufolge wurden drei unterschiedliche Raumnutzungstypen identifiziert: Ein Teil der obdachlosen Menschen in Köln handele angebotsinitiiert und nutze aktiv die öffentlichen Unterstützungsangebote der Stadt. Der selbstinitiierte Typ kümmere sich persönlich um seine Belange, ohne dafür das städtische Angebot in Anspruch zu nehmen. Der dritte Typ sei eine Kombination aus den ersten beiden Typen.

Kritik übte Sellner an den hohen Kosten für den Nahverkehr, auf den obdachlose Personen zwingend angewiesen seien, um sich in der Stadt zu bewegen. Nicht selten komme es vor, dass Obdachlose wegen wiederholten Fahrens ohne Fahrkarte zu Haftstrafen verurteilt werden.

Teil der Studie sei es gewesen, in Workshops gemeinsam mit Betroffenen und Politkern die Lage der Obdachlosen zu analysieren und Handlungsempfehlungen zu erstellen, sagte Sellner. So sei bereits eine Stadtkarte von Köln mit verfügbaren Hilfsangeboten entstanden.

epd