Sachsen: Härtere Gangart gegen gewaltbereite Demonstranten gefordert
Nach jüngsten Protesten in Sachsen und in Thüringen werden Forderungen nach einem schärferen Eingreifen durch die Polizei laut. Rund 30 mit Fackeln, Pfeifen und Trommeln ausgestattete Protestierende skandierten „Friede, Freiheit, keine Diktatur“.
Extremismusforscher: Härter gegen gewaltbereite Demonstrierende vorgehen (Archivbild) (AFP)

Nach dem Fackelaufzug von Gegnern der Corona-Politik vor dem Privathaus der sächsischen Gesundheitsministerin Petra Köpping (SPD) mehren sich die Forderungen nach schärferen Maßnahmen gegen sogenannte Querdenker. Sachsens Innenminister Roland Wöller (CDU) forderte in der „Bild“-Zeitung vom Montag „Schnellprozesse, um Verstöße gegen die Corona-Schutzmaßnahmen sofort und rigoros zu ahnden“. Niedersachsens Regierungschef Stephan Weil (SPD) befürwortet bei Einbrüchen in die Privatsphäre ein konsequentes Durchgreifen des Staats.

Demonstranten rufen: „Friede, Freiheit, keine Diktatur“

Rund 30 mit Fackeln, Pfeifen und Trommeln ausgestattete Protestierende waren am Freitagabend vor Köppings Haus in Grimma gezogen. In einem im Internet verbreiteten Video ist zu hören, wie sie „Friede, Freiheit, keine Diktatur“ rufen. Offenbar handelte es sich um Anhänger der sogenannten Querdenken-Bewegung beziehungsweise der vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestuften Bürgerbewegung Freie Sachsen. Zahlreiche Politiker forderten bereits am Wochenende strafrechtliche Konsequenzen für die Demonstranten. Wöller nannte den Aufmarsch einen „Angriff auf die Demokratie“. Verstöße gegen die Corona-Schutzmaßnahmen müssten umgehend geahndet werden. „Sowas darf nicht erst Wochen später passieren“, sagte er der „Bild“. Auch Weil äußerte sich besorgt über eine zunehmende Radikalisierung der Proteste. „Die Privatsphäre muss tabu sein“, sagte er. „Gerade in solchen Fällen muss der Staat konsequent dazwischen gehen und auch Straftaten ahnden.“

Pandemie eine „Bewährungsprobe für unsere Demokratie“

Der Vizechef der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Thorsten Frei (CDU) nannte die Pandemie eine „Bewährungsprobe für unsere Demokratie“. „Wir müssen aufpassen, dass hier nichts ins Rutschen gerät", sagte er der „Bild“. Dazu müsse der Staat Stärke zeigen und jede Grenzüberschreitung mit einer konsequenten Strafverfolgung ahnden. Dazu gehöre aber auch eine „klare Haltung der Zivilgesellschaft“. SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese sagte mit Blick auf den Aufmarsch vor Köppings Privathaus, dies könne „ein Rechtsstaat nicht dulden“. „Bei weiteren Vorfällen dieser Art muss man möglicherweise auch bei uns den Strafrahmen nach oben anpassen“, sagte Wiese der „Welt“. Die innenpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion, Irene Mihalic, forderte gleichfalls eine entschlossene Reaktion des Rechtsstaats.

Friedlicher Protest sei ein Grundrecht

AfD-Fraktionschef Tino Chrupalla nannte die Proteste vor Köppings Privathaus „der Sache nicht dienlich“. Friedlicher Protest sei ein Grundrecht, doch der Schutz der Privatsphäre sei ein nicht minder hohes Rechtsgut, sagte er der „Welt“. Der Leipziger Extremismusforscher Oliver Decker mahnte mit Blick auf gewaltbereite Demonstrierende, die Polizei müsse „den Zugriff auch tatsächlich vollziehen und das Recht durchsetzen“. Auch gegen rechtsextreme Strukturen im Hintergrund müsse vorgegangen werden, sagte Decker am Montag im ARD-„Morgenmagazin“. Thüringens Innenminister Georg Maier (SPD) warb gleichzeitig für Verhältnismäßigkeit bei Polizeieinsätzen. Es müsse auch darauf geachtet werden, dass es nicht zu einer Eskalation der Gewalt komme. Auch könne die Polizei, „wenn Frauen und Kinder dabei sind, nicht mit einem Wasserwerfer draufhalten“, sagte Maier dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. In Dresden bereitete sich die Polizei auf eine Demonstration vor dem Landtag vor, der ab Montagmittag über die von der Landesregierung beschlossene Verschärfung der Corona-Maßnahmen beraten wird. In den sozialen Netzwerken rufen zum Teil auch Rechtsextremisten zu Protesten vor dem Parlament auf. Die Polizei kündigte bereits im Vorfeld „eine härtere Gangart“ bei Verstößen gegen die Corona-Regeln an.

AFP