Prozess gegen Polizistinnen: Kollegen im Kugelhagel zurückgelassen?
Zwei Polizistinnen sehen, wie ein Kollege in einer Schießerei zu Boden geht – doch sie laufen davon. Die Anklage wirft den Beamtinnen vor, schon von Amts wegen zum Eingreifen verpflichtet gewesen zu sein. Es sei ihnen zudem auch zumutbar gewesen.
Symbolbild. 14. November 2021, Hamburg: Polizistinnen stehen neben einem abgesperrten Tatort. (Others)

Weil sie einen in einer Schießerei getroffenen Kollegen im Stich gelassen haben sollen, stehen zwei Polizistinnen an diesem Dienstag (9.10 Uhr) vor Gericht. Vor dem Amtsgericht Schwelm sind sie wegen versuchter Körperverletzung durch Unterlassen angeklagt, verhandelt wird im Justizzentrum Hagen.

Die Beamtinnen (37 und 32 Jahre alt) sollen im Mai 2020 zufällig mit dem Streifenwagen zu einer aus dem Ruder gelaufenen Verkehrkontrolle in Gevelsberg (Ennepe-Ruhr-Kreis) hinzugestoßen sein. Dabei hatte ein Autofahrer auf einen Kollegen gefeuert. Der Polizist war durch eine der insgesamt 21 in dem Schusswechsel abgegebenen Kugeln getroffen worden und trotz Schutzweste zu Boden gegangen.

Flucht trotz kugelsicherer Westen

Statt einzugreifen, sollen die Frauen vom Ort des Geschehens geflohen sein. Beiden soll dabei bewusst gewesen sein, dass sie ihre Kollegen dadurch der Gefahr erheblicher Verletzungen aussetzten. Dabei seien sie kraft ihrer Dienstausübung dazu verpflichtet gewesen, Leib und Leben ihrer bedrohten Kollegen zu schützen, so der Vorwurf der Staatsanwaltschaft. Dank schusssicherer Westen, ausreichender Deckung und Munition seien sie dazu außerdem auch in der Lage gewesen.

Früheren Angaben der Staatsanwaltschaft zufolge hat die jüngere Beamtin zu den Vorwürfen zunächst geschwiegen. Die ältere habe angegeben, sie habe unter Schock gestanden. Als ihre Kollegin ihr zugerufen habe: „Lauf, lauf, lauf!“, sei sie gelaufen. Für den Prozess ist zunächst ein Verhandlungstag vorgesehen. Mehr zum Thema: Roller-Fahrer flieht vor Polizei – und verirrt sich am Ende in deren Garage

DPA