Jugendämter: Zahl der Schulabbrecher könnte sich verdoppeln
In Deutschland könnte sich die Zahl der Schulabbrecher infolge der Corona-Krise laut Angaben von Jugendämtern verdoppeln. Diese Entwicklung werde sich durch viele Gesellschaftsschichten ziehen – auch Kinder aus der Mittelschicht seien betroffen.
12.04.2021, Baden-Württemberg, Heitersheim: Stühle stehen auf Tischen in einem leeren Klassenzimmer einer Realschule. (Others)

Die Jugendämter in Deutschland warnen vor einer höheren Zahl an Schulabbrechern aufgrund der Corona-Krise. „Mit Blick auf die beiden Abschlussjahrgänge droht sich die Zahl der Schulabbrecher zu verdoppeln“, sagte Lorenz Bahr, Vorsitzender der Bundesarbeitsgemeinschaft der Landesjugendämter, den Zeitungen der Funke Mediengruppe am Samstag.

Normalerweise verlassen pro Jahr rund 104.000 junge Menschen ohne Abschluss die Schule. „Wir rechnen nun mindestens mit einer Verdopplung: 210.000 Schulabbrecher in 2020 und genau so viele noch einmal in diesem Jahr.“ Diese Entwicklung werde sich durch viele Schichten ziehen, auch Kinder aus der Mittelschicht würden einen „früheren Karriereknick“ erleben.

Die negativen Folgen der Pandemie auf Kinder und Jugendliche macht sich nach Einschätzung von Jugendamts-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter bereits jetzt bemerkbar. Laut einer Umfrage der Bundesarbeitsgemeinschaft und des Instituts für Sozialpädagogische Forschung Mainz (ISM) konnten 84 Prozent der Mitarbeiter über alle Lebensbereiche hinweg negative Auswirkungen der Pandemie auf das Leben von Kindern und Jugendlichen feststellen, wie die Funke-Zeitungen weiter berichteten.

88 Prozent der Befragten gehen demnach davon aus, dass sich insbesondere die Situation von Kindern mit Migrationshintergrund, bildungsbenachteiligten Kindern sowie Kindern, die in belasteten Familienverhältnissen leben, weiter verschlechtern wird. 298 der 559 Jugendämter in Deutschland nahmen teil, insgesamt wurden 1750 Beschäftigte befragt.

Seit Beginn der Corona-Krise haben die Jugendämter der Befragung zufolge vor allem Schwierigkeiten, den Kontakt mit einzelnen Gruppen zu halten. Besonders betroffen sind demnach Jugendliche im Alter von 14 bis 18 Jahren, Familien, die sich in prekären Lebenslagen befinden sowie Kinder, deren Eltern psychisch erkrankt sind oder unter Suchtproblemen leiden.

„Allein diese Gruppen betreffen rund vier Millionen Kinder und Jugendliche und das zieht sich durch alle sozialen Schichten“, sagte ISM-Leiter Heinz Müller den Funke-Zeitungen. „80 Prozent der Kinder und Jugendlichen aus armutsgefährdeten Haushalten drohen den Anschluss zu verlieren – schulisch, aber auch im Umgang mit sozialen Kontakten oder ehrenamtlichem Engagement in Vereinen.“

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