Das neue Jahr hat begonnen – an vielen Orten erneut ruhiger als vor der Corona-Pandemie. In Deutschland und großen Teilen Frankreichs durfte vor dem Jahreswechsel kein Feuerwerk verkauft werden, um die Rettungsdienste und Krankenhäuser nicht durch Verletzte weiter zu belasten – trotzdem waren Böller zu hören und Raketen zu sehen, Teile davon stammten mutmaßlich aus illegalen Quellen. Das Hantieren mit vermutlich selbstgebauten Böllern kostete einen Mann in Hennef bei Bonn sowie einen Mann in Niederösterreich das Leben. Im Osten von Berlin wurden gleich zwölf Menschen bei der Explosion von illegalem Feuerwerk verletzt.
Private Feiern waren in Deutschland wegen der Pandemie und vor allem aus Furcht vor der neuen Omikron-Virusvariante nur in kleinem Rahmen erlaubt. Große Feiern wie die traditionelle Silvestersause am Brandenburger Tor fielen häufig gleich ganz aus – ebenso das dazugehörige große Feuerwerk. Dennoch versammelten sich in der Nähe um Mitternacht „mehrere Tausend Menschen“, wie Polizeisprecher Thilo Cablitz sagte. Viele von ihnen hätten den Jahreswechsel am Brandenburger Tor feiern wollen und seien auf dem Boulevard Unter den Linden zu nah beieinander gestanden. Beamte hätten die Menschen aufgefordert, das Gebiet zu verlassen, die Menschenmenge habe sich nach und nach aufgelöst.
Die Berliner Polizei hatte vor Mitternacht auf Twitter darauf hingewiesen, dass die Fernsehshow „Willkommen 2022“ des ZDF von außen nicht einsehbar sei. Auf der Bühne traten unter anderem Bonnie Tyler, Adel Tawil und die Band Glasperlenspiel auf – wegen der Pandemie ohne Publikum. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) war per Video zugeschaltet und sagte mit Blick auf die Pandemie, für 2022 sehe er „Licht am Ende des Tunnels“.
Die tödliche Tragödie in Hennef ereignete sich laut Polizei bei einer privaten Silvesterfeier von zehn Leuten. Kurz nach Mitternacht habe es einen sehr lauten Knall gegeben und zwei Männer hätten schwer verletzt am Boden gelegen. Für einen 37-Jährigen kam jede Hilfe zu spät, ein 39-Jähriger kam mit lebensgefährlichen Verletzungen in eine Klinik. Ein 23-Jähriger Österreicher kam bei der Explosion einer Kugelbombe in der Gemeinde Klausen-Leopoldsdorf ums Leben, wie die Nachrichtenagentur APA berichtete. Drei weitere Menschen erlitten Verletzungen.
In Leipzig wurde ein Mann beim Zünden eines vermutlich ebenfalls selbstgebauten Böllers lebensbedrohlich verletzt, wie ein Polizeisprecher sagte. In Berlin mussten alle zwölf bei der Explosion verletzten Menschen zur Behandlung in Kliniken gebracht werden, wie die Feuerwehr am Neujahrsmorgen mitteilte. Der jüngste Verletzte ist laut Feuerwehr ein elfjähriger Junge.
Mindestens zwei Menschen wurden in Hamburg beim Abbrennen von Feuerwerk schwer verletzt. In Bramfeld explodierte nach Angaben der Polizei ein Böller in einer selbstgebastelten Abschussvorrichtung und verletzte einen 50-jährigen Mann schwer im Gesicht. Er schwebe in Lebensgefahr. In einem anderen Fall müsse einem Mann nach missglückter Böllerei möglicherweise eine Hand amputiert werden. Trotz eines verhängten Ansammlungsverbote waren nach Worten der Beamten Tausende Menschen in der Innenstadt unterwegs – in St. Pauli rund 10 000, rund um die Binnenalster 2500 und an den Landungsbrücken etwa 2000.
Bei der Explosion einer Gasflasche während einer Silvesterfeier in Melle (Niedersachsen) wurden mehrere Menschen verletzt, einer davon lebensgefährlich. Die Gasflasche war aus noch ungeklärten Gründen im Anbau eines Einfamilienhauses explodiert.
In Stuttgart kam es gegen Mitternacht beim zentralen Schlossplatz zu Auseinandersetzungen zwischen Feierwütigen und der Polizei. Einige aggressive Partygänger hätten die Beamten bedrängt und mit Böllern beworfen. Die Polizei ging nach eigenen Angaben mit Schlagstöcken und Pfefferspray gegen die Menge vor. Ein Polizist habe ein Knalltrauma erlitten, zwei weitere seien leicht verletzt worden.
Tendenziell blieb es in Deutschland aber weitgehend ruhig: „Hier und da gab es ein paar Böller, hier und da eine kleine Schlägerei. Im Verhältnis zum Anlass war das aber minimal“, sagte ein Polizeisprecher in Hamburg.
Zu Beginn des Jahres 2022 war es auch im Leipziger Viertel Connewitz laut Polizei „ruhiger als sonst“. Vor zwei Jahren hatte es dort schwerere Ausschreitungen gegeben. Diesmal gab es dort auch Auseinandersetzungen, die Polizei rückte mit verstärkten Kräften an. 300 bis 500 Menschen versperrten neben einem brennenden Einkaufswagen die Straße. Aber gegen 2.00 Uhr sei die Lage wieder unter Kontrolle gewesen. Es habe keine Verletzten gegeben.
Im Berliner Unfallkrankenhaus wurden unter anderem fünf „Bölleropfer mit Verbrennungen und Handverletzungen operativ versorgt“. Zwei Menschen würden behandelt, die sich Körperteile abgesprengt hätten, sagte eine Sprecherin am frühen Morgen.
Partys in London und Paris verboten
Auch in anderen Ländern der Welt wurden viele große Partys und Feuerwerke abgesagt, darunter Festivitäten in Paris und London. In der französischen Hauptstadt war etwa verboten, auf dem Prachtboulevard Champs-Élysées mit Sekt anzustoßen. Trotzdem versammelte sich dort eine große Menschenmenge. In Madrid standen etwa 7000 Menschen dicht gedrängt auf dem Platz Puerta del Sol, um das neue Jahr zu begrüßen.
In New York wurde das neue Jahr am Times Square trotz rekordverdächtigen Corona-Infektionszahlen wieder mit Publikum begrüßt. Um Mitternacht glitt traditionell ein leuchtender Kristallball an einem Fahnenmast herunter und läutete unter dem Jubel Tausender das neue Jahr ein – der sogenannte „Ball Drop“. Es regnete Konfetti, und durch die Straßen schallte das Lied „New York, New York“. Das Event auf dem weltberühmten Platz in Manhattan wurde dieses Jahr auf etwa ein Viertel seiner normalen Kapazität begrenzt, nachdem im vergangenen Jahr nur wenige geladene Gäste hatten teilnehmen dürfen. Alle Anwesenden mussten vollständig geimpft sein.
Um 9.00 Uhr MEZ folgt in den USA Los Angeles und erst um 11.00 Uhr Honolulu in Hawaii. Bis 13.00 Uhr MEZ am 1. Januar dauert es, bis der ganze Globus ins neue Jahr gerutscht ist. Als letztes sind die unbewohnten Eilande Bakerinsel und Howlandinsel im Pazifik dran.
In China sagten wegen Corona mehrere Städte Feuerwerke und größere Festlichkeiten ab, darunter Peking und auch Wuhan, die Stadt, in der Ende 2019 Covid-19 ausgebrochen war. Silvester ist für die Chinesen an sich kein besonders wichtiger Feiertag. Nach ihrem traditionellen Mondkalender beginnt das neue Jahr diesmal erst Anfang Februar.
In Thailand – einem der wenigen Fernziele, an dem sich derzeit zahlreiche Touristen aufhalten – durften viele Lokale in der Silvesternacht ausnahmsweise bis 1.00 Uhr öffnen. In der Hauptstadt Bangkok begrüßten Zehntausende Einheimische und Touristen das neue Jahr. Die Corona-Zahlen sind in Thailand bisher trotz Omikron-Variante niedrig.
Mit einem farbenprächtigen Feuerwerk samt Lasershow am höchsten Gebäude der Welt begrüßte Dubai das neue Jahr. In Moskau gab es um 22 Uhr MEZ ein großes Feuerwerk am Kreml und Roten Platz. Um 4 Uhr MEZ konnten nun auch Teile Brasiliens und Argentinien das neue Jahr begrüßen. In Rio de Janeiro fielen die Feierlichkeiten nicht wie im vergangenen Jahr komplett aus, sie fanden aber in eingeschränktem Umfang statt. Am Strand von Copacabana gab es Feuerwerk, die üblichen Bühnenshows wurden jedoch abgesagt.
Als weltweit Erste – bereits um 11 Uhr mitteleuropäischer Zeit – waren die Südsee-Inseln Samoa und Kiribati ins neue Jahr gerutscht. Eine Stunde später folgte Neuseeland, wo allerdings wegen Corona die meisten Events und das Feuerwerk vom Sky Tower in Auckland sowie alle öffentlichen Veranstaltungen in anderen Städten wie Christchurch und Wellington abgesagt worden waren. Im australischen Sydney waren – anders als beim letzten Jahreswechsel – wieder Zehntausende Zuschauer zum Feuerwerk vor der Kulisse des Opernhauses zugelassen. Im Bundesstaat New South Wales, in dem Sydney liegt, explodieren wegen der Ausbreitung der Omikron-Variante gerade die Corona-Zahlen.
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