Berliner Lehrer rufen um Hilfe: Angst, Gewalt und Chaos
Von Mobbing und Angriffen ist die Rede in einem Alarmbrief an einer Berliner Schule. Viele Schüler sind aggressiv. Lehrer sind verängstigt. Sie schrieben einen Brandbrief an die Schulaufsicht.
Die Friedrich-Bergius-Schule im Stadtteil Friedenau im Bezirk Tempelhof-Schöneberg. Mit einem dringenden Alarmbrief über höchst schwierige Zustände an ihrer Schule und fehlende Unterstützung vom Senat haben Berliner Lehrer um Hilfe gerufen. / Photo: DPA (DPA)

Der Hilferuf der Lehrer einer Berliner Schule klingt dramatisch. Richtiger Unterricht sei kaum noch möglich, schreiben die Pädagogen der Friedrich-Bergius-Schule aus Friedenau in einem Alarmbrief an die zuständige Schulaufsicht. Aggressive Schüler bedrohten Lehrer und würden sich gegenseitig mobben.

Das Lehrer-Kollegium vermisst die Unterstützung der Schulbehörde und des Berliner Senats. In einem siebenseitigen Brief, der am Mittwoch öffentlich wurde und der dpa vorliegt, hat das Kollegium nun um Hilfe gebeten. Der „Tagesspiegel“ berichtete zuerst.

Chaos auch im Umkreis der Schule

Das Lehrer-Kollegium der Friedrich-Bergius-Schule schreibt, es vergehe kein Tag ohne Beleidigungen und Bedrohungen von Lehrern, vor allem durch männliche Schüler. Es gebe eine „bedrohliche Gewaltbereitschaft und verbale Übergriffe“. Auf dem Schulhof würden Böller gezündet und Wasserflaschen auf Personen geworfen. Lehrer fühlten sich bedroht und seien zahlenmäßig unterlegen.

Verstärkt müsse die Schule die Polizei rufen. Anwohner würden sich über Schüler beschweren, benachbarte Supermärkte Hausverbote verhängen. Trotz strenger Hausordnung und Schulpädagogik komme die Schule immer mehr an ihre Grenzen. Die Schule habe 59 Anzeigen wegen Schulversäumnis und 29 Meldungen wegen Kinderschutz an die Jugendämter gestellt. Zuletzt habe es im vergangenen Schuljahr auf solche Anzeigen aber nur eine einzige Antwort gegeben, klagte die Schule.

Mehr Lehrer, Psychologen und ein Pförtner werden gefordert

Die Schule schlägt der Schulaufsicht mehrere Maßnahmen vor: Mehr Lehrer für Unterricht in geteilten Klassen, eine feste Schulpsychologin zusätzlich zu den Sozialpädagogen, eine bessere Hofaufsicht gegen aggressive Schülergruppen und einen Pförtner am Eingang, um das unerlaubte Verlassen der Schule zu verhindern.

Die Berliner Senatsschulverwaltung erklärte: „Die Schulaufsicht ist mit der Schulleitung im Austausch und wird in Kürze bei einem klärenden Gespräch weitere Unterstützung anbieten, aber auch die Vorgänge an der Schule prüfen.“

Schulpolitik: Kein Sitzenbleiben, keine Fehlzeiten im ZeugnisAbschließend ziehen die Lehrer ein desaströses Resümee der Berliner Schulpolitik, weil sie Lehrern viele Sanktionsmöglichkeiten genommen habe. Problematische Schüler könnten weder sitzenbleiben noch von der Schule gewiesen werden. In den 9. und 10. Klassen dürften keine Tadel und Verweise auf dem Zeugnis stehen. Auf dem Abschluss-Zeugnis dürften nicht einmal Fehlzeiten aufgelistet werden. „Der Leistungsgedanke ist für Schülerinnen und Schüler der Integrierten Sekundarschulen seit Jahren abgeschafft“, lautet das Fazit.

DPA