Trump 2.0: Kalter Krieg mit China?
Während die USA im Handelskrieg mit China ins Hintertreffen geraten, hat der designierte US-Präsident Trump den chinesischen Staatschef Xi zu seiner Amtseinführung eingeladen. Kann es in diesem neuen Kalten Krieg einen Gewinner geben?
Trump 2.0: Kalter Krieg mit China? / Photo: DPA (DPA)

Von Nadim Siraj

Donald Trump ist nur noch wenige Wochen davon entfernt, als 47. US-Präsident ins Weiße einzuziehen. Doch seine provokanten Äußerungen in Richtung Peking haben schon weltweit für Schockwellen gesorgt. Das Eskalationspotential ist hoch: Ein steinreicher US-Immobilienmogul, jetzt Politiker, mit China im Visier bringt die perfekte Mischung für einen sich zuspitzenden Kalten Krieg zwischen Washington und Peking mit - den beiden größten Supermächten der Gegenwart.

Die Spannungen zwischen den USA und China als „Kalten Krieg“ zu bezeichnen, mag auf den ersten Blick weit hergeholt klingen. Aber wenn man an der Oberfläche kratzt, gibt es unbestreitbare Ähnlichkeiten mit dem Kalten Krieg zwischen den USA und der UdSSR nach dem Zweiten Weltkrieg.

Kurz nachdem er Joe Biden bei den Präsidentschaftswahlen im November besiegt hatte, rief Trump einen bedrohlichen Mehrfronten-Handelskrieg aus, der seinen Angaben zufolge dem Schutz der US-Wirtschaft und der Eindämmung Chinas dienen soll. Trump erklärte, er werde China, Mexiko, Kanada und Indien mit hohen Einfuhrzöllen belegen. Bald darauf stand auch die EU auf seiner Abschussliste. Er forderte den europäischen Block auf, mehr US-amerikanisches Öl und Gas zu kaufen – andernfalls wolle er die Zölle anheben.

Nach den Zoll-Ankündigungen hat Trump auch andere Ziele mit einschüchternder Rhetorik bedroht: Er will, dass die USA die Kontrolle über den Panamakanal sowie über Kanada und Grönland übernehmen.

Doch mit China ging er besonders hart ins Gericht. Trump kündigte an, dass der asiatische Riese mit höheren Einfuhrzöllen von zusätzlich zehn Prozent belegt wird, wenn Peking keine Maßnahmen ergreift, um die Einfuhr der verbotenen Droge Fentanyl in die USA zu stoppen.

China – Gewinner des Exportkrieges

Aber warum ist Trump so sehr davon besessen, chinesische Importe zu bestrafen? Warum konzentriert er sich allein auf den Handel? Die Antwort liegt in den Zahlen. Diese zeigen, dass Chinas Schatten über der stagnierenden US-Wirtschaft recht schnell länger, größer und dunkler wird. China hat in den letzten Jahrzehnten gezeigt, dass es fest auf dem Weg ist, die USA als größte Wirtschaftsmacht der Welt abzulösen – vielleicht sogar früher als erwartet.

Doch was steckt hinter dieser chinesischen Wachstumsstory, die Washington in Angst und Schrecken versetzt hat? Es ist Chinas meisterhafter Umgang mit dem internationalen Handel, genauer gesagt die Fähigkeit Pekings, den ständigen „Exportkrieg“ gegen die USA zu gewinnen.

In jüngster Zeit haben die USA im bilateralen Handel mit China enorme jährliche Defizite erlitten. Im Jahr 2023 betrug das US-amerikanische Handelsdefizit mit China 279,4 Milliarden Dollar. Die chinesischen Ausfuhren in die USA im Wert von 427,2 Mrd. Dollar übertrafen die US-Ausfuhren nach China im Wert von 147,8 Mrd. Dollar bei Weitem.

Die USA bemerkten, dass Chinas Handelsbilanzüberschuss im Jahr 2023 bei atemberaubenden 823 Milliarden Dollar lag und damit den Wert jedes anderen Landes übertraf. Der Wert ist fast viermal so hoch wie der des Zweitplatzierten, nämlich Deutschlands, mit einem Handelsüberschuss von 226 Milliarden Dollar. Die USA verzeichneten dagegen im vergangenen Jahr ein Handelsbilanzdefizit von 1,15 Billionen Dollar.

Zwischen 1979 und 2018 stieg der Wert der chinesischen Warenexporte von 14 Milliarden Dollar auf 2,5 Billionen Dollar. Heute sind die drei wichtigsten Exportmärkte Chinas die USA, die EU-Länder und der ASEAN-Block, wohin das Land vor allem Computer und Peripheriegeräte, Smartphones, Rundfunk- und Fernsehtechnik, Transportmittel, Bekleidung und Haushaltsartikel exportiert.

Es ist völlig klar, warum das Trump-Lager verzweifelt versucht, seinen Handelskrieg mit China 2018 wieder aufflammen zu lassen. Denn der asiatische Riese gewinnt stillschweigend den Exportkrieg gegen die USA, die sich gerne als die mächtigste Nation der Welt präsentiert. Mit seinem angedrohten Zollkrieg will Trump Chinas Vormarsch im internationalen Handel stoppen.

Der Kalte Krieg kehrt zurück

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs machte George Orwell 1945 in einer Zeitungskolumne den Begriff „Kalter Krieg“ populär. Bald darauf erlebte die Welt einen langwierigen Kalten Krieg zwischen den USA und der Sowjetunion, der von 1947 bis 1991 andauerte.

Gita Gopinath, die erste geschäftsführende stellvertretende Direktorin des IWF, warnte im Dezember 2023, dass die Welt in einen Zustand eines „zweiten Kalten Krieges“ eintrete. Sie sagte, der Kalte Krieg zwischen den USA und China könnte der Weltwirtschaft großen Schaden zufügen, der sich auf etwa 7 Billionen Dollar belaufen würde.

Die Staats- und Regierungschefs der USA und Chinas weigern sich zwar, die Konfrontation als Kalten Krieg zu bezeichnen, aber Außenpolitik-Experten beider Seiten räumen ein, dass es sich um ein reales Szenario handelt.

Während des Kalten Krieges standen sich der Westblock und der Ostblock gegenüber. Der Westblock umfasste den von den USA angeführten Westen, einschließlich der NATO-Staaten und des Großteils Westeuropas. Der Ostblock wurde von der UdSSR angeführt und umfasste weitere nicht-westliche Länder, darunter China. Theoretisch beruhte dieser Kalte Krieg auf dem ideologischen Kampf zwischen dem westlichen Kapitalismus und dem sowjetischen Kommunismus. Die eigentliche Absicht bestand jedoch darin, die Kontrolle über die Weltwirtschaft zu sichern.

Die aktuelle Auseinandersetzung zwischen den USA und China weist Ähnlichkeiten auf. In diesem neuen Kalten Krieg tritt ein von den USA geführter westlicher Block gegen einen östlichen Block an, der auch den globalen Süden einschließt. China führt den Block an, während Russland als sein B-Team angesehen wird.

Ideologisch versuchen die USA, diesen zweiten Kalten Krieg als einen Kampf zwischen westlicher Demokratie gepaart mit freier Marktwirtschaft und der angeblichen chinesischen Autokratie darzustellen. Doch in Wirklichkeit geht es den Amerikanern darum, das chinesische Wirtschaftswachstum zu stoppen.

Im Kalten Krieg zwischen den USA und der Sowjetunion bekämpften sich beide Seiten an zahlreichen Fronten: mit militärischen Einsätzen, nuklearer Eskalation, direkten Gefechten, Stellvertreterkriegen, Blockaden, rhetorischem Schlagabtausch und Propagandanachrichten.

Der Kalte Krieg zwischen den USA und China verläuft nach einem ähnlichen Muster, wobei die KI-Entwicklungen dieser Konfrontation eine zusätzliche Dimension verleihen.

Die Zeichen stehen auf Sturm

Die Anzeichen für einen neuen Kalten Krieg sind glasklar: Trumps Zollkrieg, Chinas Rolle bei der Bildung der BRICS-Staaten als Gegengewicht zu den G7-Staaten, Chinas „Neue Seidenstraßen-Initiative“ (BRI) sowie die Zusammenarbeit zwischen China, Russland, dem Iran und Nordkorea gegen den Westen.

Hinzu kommen Chinas stillschweigende Unterstützung Russlands im Ukraine-Krieg und die US-Sanktionen gegen Russland. Aber auch die Zusammenarbeit zwischen Peking und Moskau zur Umgehung des US-Dollars und zur Abwicklung des bilateralen Handels in Yuan und Rubel als Teil einer „Entdollarisierung“ deuten auf das Spannungsverhältnis der Großmächte hin.

Darüber hinaus erleben wir einen eskalierenden Konflikt um Chips, einen Wettlauf um Fortschritte in der KI-Technologie, ein sich verschärfendes Gerangel um die Erforschung des Weltraums. Auch die Hartnäckigkeit der USA, THAAD-Raketenabwehrsysteme in Südkorea, Israel, Rumänien und den Vereinigten Arabischen Emiraten zu stationieren, stoßen auf chinesischen und russischen Unmut.

Dieser zweite Kalte Krieg lässt die Welt genauso frösteln wie der vorherige, da mehrere geografische Krisenherde gleichzeitig schwelen. Man denke nur an Washingtons unnachgiebige Haltung zu Taiwan, Xinjiang, Hongkong, Tibet und den Streitigkeiten im Südchinesischen Meer. Die USA nutzen dieses Bündel von Krisenherden, um China in Schach zu halten.

Es gibt aber noch weitere schwelende Konflikte - wie den AUKUS-Sicherheitspakt zwischen den USA, Großbritannien und Australien, der auf die Vorherrschaft im indopazifischen Raum abzielt. Oder etwa die wachsende chinesische und russische Präsenz in Afrika und die sich vertiefenden Beziehungen Chinas zu Afghanistan und der Golfregion. Aber auch der Grenzkonflikt zwischen zwei wichtigen BRICS-Mitgliedern, China und Indien, sollte an dieser Stelle erwähnt werden.

In diesem neuen Kalten Krieg stehen sich eindeutig der von den USA geführte westliche Block und ein von China geführter östlicher Block gegenüber, was an die Konfrontation zwischen den USA und der UdSSR erinnert.

Mit dem zweiten Kalten Krieg im Hinterkopf hat Trump ein Kabinett zusammengestellt, mit dem sich ein gefährliches Bild abzeichnet. Seine Regierung ist vollgepackt mit Angriffslustigen, die vor Anti-China-Eifer und -Haltung nur so strotzen.

Zu ihnen zählt der China-Kritiker David Perdue, der von Trump zum US-Botschafter in China ernannt wurde. Dann gibt es noch Marco Rubio als Außenminister, Mike Waltz als nationalen Sicherheitsberater, Pete Hegseth als Verteidigungsminister, Scott Bessent als Finanzminister und Howard Lutnick als Handelsminister.

Die Aufstellung steht für eine kollektive Perspektive, China an mehreren Fronten einzudämmen: Zölle, Taiwan, Menschenrechte, Südchinesisches Meer, Hongkong, Halbleiter, künstliche Intelligenz und so weiter.

Wie reagiert China?

Wie hat Peking auf die jüngste Androhung Trumps reagiert? Die Antworten der chinesischen Führung waren pazifistisch, aber nicht unterwürfig. Am 10. Dezember warnte der chinesische Präsident Xi Jinping, dass ein möglicher Wirtschaftskrieg zwischen den USA und China „keine Gewinner“ haben werde.

China ist nach Trumps Provokationen bezüglich der Vergeltungsmaßnahmen über Worte hinausgegangen. Anfang Dezember hatten die USA im Bereich der Chip-Herstellung Beschränkungen gegen China verhängt. Als Reaktion darauf verbot China die Ausfuhr von wichtigen Materialien und Teilen in die USA, die für die Herstellung von Halbleitern benötigt werden.

China nahm auch US-amerikanische Drohnenhersteller ins Visier, aus Protest gegen US-Waffenverkäufe an Taiwan. Die Regierung Xi verhängte Sanktionen gegen sechs Vertreter der US-Rüstungsindustrie und gegen 13 in den USA ansässige Rüstungsunternehmen. Anders als zur Regierungszeit von Trump 1.0 hat China diesmal beschlossen, Druckmittel einzusetzen.

Interessanterweise hat Trump inmitten seiner Anti-China-Rhetorik eine rätselhafte Karte gespielt, indem er seinen Erzrivalen Xi zu seiner Amtseinführung am 20. Januar einlud. Der chinesische Präsident hat noch nicht mitgeteilt, ob er an der Zeremonie teilnehmen wird.

Können Trumps Zollkrieg und die wiederholten Sanktionen gegen China in diesem Kalten Krieg Pekings Vormarsch in der globalen Wirtschaft aufhalten? Es ist unwahrscheinlich, dass Trumps Amerika in der Lage sein wird, der chinesischen Wirtschaft eine allzu große Delle zuzufügen. Die Regierung unter XI scheint ermutigter denn zu sein, es mit dem Westen aufzunehmen, ganz gleich, wie schrill Trumps Rhetorik wird und wie hart die neuen Sanktionen ausfallen.

Schließlich sind die beiden Supermächte trotz ihrer Feindseligkeit wirtschaftlich viel zu sehr voneinander abhängig, als dass sie eine völlige Entkopplung und einen ausgewachsenen Krieg riskieren würden. Chinas Exportwunder hängt vom Zugang zu den US-Märkten ab. China ist der größte Halter von US-Staatsanleihen. US-Firmen sehen in China zunehmend einen wachsenden Markt. Und die beiden Länder brauchen sich gegenseitig als Lieferketten, wenn es um Spitzentechnologie geht. USA und China sind zutiefst voneinander abhängig - das ist das unangenehme Paradoxon dieses Kalten Krieges.

Trumps Kriegstreiberei wird weitergehen. Das Gleiche gilt für Chinas Vergeltungs- und Ausweichmanöver. Nur die Zeit wird zeigen, wie die beiden Rivalen mit dem neuen Kalten Krieg umgehen werden, wenn 2025 noch kälter, beängstigender und bitterer wird.

Nadim Siraj lebt in Indien und ist Journalist und Autor. Er schreibt über Diplomatie, Konflikte und internationale Angelegenheiten.