Nach dem Angriff auf das US-Kapitol werden die Flaggen in den USA auf Anordnung von Präsident Joe Biden auf halbmast gesetzt. Dies sei ein Zeichen des Respekts für den Einsatz und die Opfer der Kapitol-Polizei, erklärte Biden am Freitag. Die Flaggen-Anordnung gilt demnach bis Dienstag für das Weiße Haus, alle öffentlichen Gebäude und Militäreinrichtungen sowie US-Botschaften und konsularische Vertretungen weltweit. Biden erklärte, er und seine Frau Jill seien wegen des Angriffs „untröstlich“. Er werde laufend über den Stand der Ermittlungen informiert. Der Präsident sprach der Familie des getöteten Beamten sein Beileid aus.
Angreifer rammt Polizisten am US-Kapitol – Fahrer und ein Beamter tot
Ein Angreifer fuhr mit einem Auto in zwei Polizisten und rammte anschließend eine Straßensperre. Einer der Beamten wurde getötet, ein weiterer verletzt, wie die Chefin der Kapitol-Polizei, Yogananda Pittman, am Freitag erklärte. Der Fahrer sei mit einem Messer ausgestiegen, auf weitere Polizisten zugestürmt und habe nicht auf Warnungen reagiert. Daraufhin hätten Beamte auf ihn geschossen. Er erlag demnach kurz darauf in einer Klinik den Schussverletzungen.
Der Polizeichef der US-Hauptstadt Washington, Robert Contee, sagte, ersten Erkenntnissen zufolge scheine die Tat keinen terroristischen Hintergrund gehabt zu haben. Es gebe keine Anhaltspunkte dafür, von einer weiteren Bedrohung für den Kongress oder Anwohner auszugehen. Der Angreifer sei der Polizei bislang nicht bekannt gewesen, hieß es.
Das Kapitol, der Sitz der beiden Kammern des US-Kongresses, wurde wegen des Zwischenfalls zeitweise abgeriegelt. Der Kongress hatte allerdings keinen Sitzungstag, deswegen dürften kaum Senatoren oder Abgeordnete in dem Komplex gewesen sein.
Komplex weiter schwer bewacht
Die Polizei des Kapitols erklärte, der Tatort an der sogenannten nördlichen Barriere des Geländes werde wegen der laufenden Ermittlungen vorerst gesperrt bleiben. Bilder zeigten dort ein blaues Auto, das frontal gegen eine im Boden verankerte Metallsperre gefahren war.
Wegen des Angriffs wütender Anhänger des abgewählten Ex-Präsidenten Donald Trump am 6. Januar ist der Komplex weiter schwer bewacht. Vergangene Woche waren die Sicherheitsvorkehrungen allerdings etwas zurückgefahren worden. So wurde ein äußerer Zaun, der das Areal um den Kongresssitz abgeschirmt hatte, abgebaut. Straßen, die innerhalb dieses Kreises lagen und abgesperrt waren, wurden wieder geöffnet.
Noch immer unterstützen aber Soldatinnen und Soldaten der Nationalgarde die Sicherheitskräfte. Die Kapitol-Polizei betonte vergangene Woche, sie sei jederzeit bereit, die Sicherheitsmaßnahmen sofort wieder hochzufahren, falls das nötig sein sollte.
„Es ist wirklich traurig, denn ich hatte geglaubt, dass wir nach der Beseitigung der Barrieren wieder zu einer gewissen Normalität zurückkehren würden. Aber das zeigt nur, wie hoch das Risiko noch immer ist“, sagte der demokratische Kongressabgeordnete Ro Khanna dem Nachrichtensender CNN. Der republikanische Minderheitsführer im Senat, Mitch McConnell, schrieb auf Twitter, dass er für den verletzten Polizisten bete.
Erstürmung des Gebäudes als inländischer Terrorismus
Nach der gewaltsamen Erstürmung des Kongresses im Januar war die Kapitol-Polizei in die Kritik geraten, weil die Sicherheitskräfte des Parlaments den Angriff nicht abwehren konnten. Der Leiter der Polizei trat daraufhin zurück. Mindestens fünf Menschen kamen bei den Krawallen ums Leben, darunter ein Kapitol-Polizist. Das FBI stuft die Erstürmung des Gebäudes als inländischen Terrorismus ein.
Der Kongress sollte am Tag des Angriffs den Wahlsieg von US-Präsident Joe Biden ratifizieren. Der damals noch amtierende Trump, der seine Niederlage nicht wahrhaben wollte, hatte seine Anhänger unmittelbar vor der Erstürmung des Kapitols mit einer kämpferischen Rede vor dem Weißen Haus angestachelt. Die Demokraten machten ihn für die Ereignisse verantwortlich und leiteten im Repräsentantenhaus erfolgreich ein Amtsenthebungsverfahren ein, im Senat scheiterte das Verfahren jedoch an der Hürde der nötigen Zweidrittelmehrheit.