Die Inflation in den USA, mit 7 Prozent auf dem höchsten Stand seit 40 Jahren, ist ein wichtiger Indikator für die Weltwirtschaft. Während Energie-, Lebensmittel- und Rohstoffpreise kontinuierlich steigen, ist es den Staaten auch aufgrund der Pandemie nicht gelungen, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. In Staaten wie den Niederlanden, Deutschland, Norwegen und Spanien verdeutlicht die Lage, dass sich der bisherige Aufwärtstrend fortsetzt und sogar an Stärke gewinnt. Hinzu kommt, dass die Herstellerkosten viel schneller steigen als die Verbraucherinflation. Die Erzeugerpreisinflation erreichte in Norwegen mit 68,7 Prozent den höchsten Wert der letzten 70 Jahre. Ebenso treiben die Produktionskostensteigerungen von 21,9 Prozent in den Niederlanden – ein historischer Höchststand – die Preise allgemein in die Höhe. In Deutschland war die Herstellerinflation von 19,2 Prozent der höchste Wert nach dem Zweiten Weltkrieg. Das hohe Niveau der Herstellerinflation in ganz Europa bedeutet auch, dass die Preiserhöhungen auch für die Verbraucher anhalten werden. Die Europäische Zentralbank (EZB) hingegen kann die Zinsen aufgrund der durch die Pandemie verursachten wirtschaftlichen Folgen nicht erhöhen. Auch ist die dem Markt zur Verfügung gestellte Geldmenge schwer zu reduzieren. Überdies verlängern die von der öffentlichen Hand zur Verfügung gestellten Hilfspakete die Phase mit erhöhten Inflationsraten.
Ursachen der globalen Inflation: Versorgungs-, Nahrungsmittel- und Energiekrise
Während die Pandemie die Gesundheit der Weltbevölkerung bedroht, wirkt sie sich auch negativ auf die Weltwirtschaft aus. Das Produktionsniveau sank durch die Lockdowns stark, und Staaten mussten verschiedene Wirtschaftsbereiche unterstützen. 200 Millionen Menschen verloren aufgrund der Pandemie ihre Arbeit, mehr als 150 Millionen rutschten unter die Armutsgrenze. Als der Welthandel quasi stillstand, folgten daraus auch Probleme bei den Versorgungsketten für Waren. Als Folge schrumpfte die Weltwirtschaft und stiegen die Preise. Diese Inflation, die in vielen Ländern den höchsten Stand des letzten halben Jahrhunderts erreicht hat, führte weltweit zu einem Rückgang der Kaufkraft. Dennoch senkten die Zentralbanken ihre Zinssätze, um die Märkte zu stützen, und weiteten den Ankauf von Anleihen aus. Auch die Regierungen brachten sich mit finanziellen Unterstützungspaketen in den Prozess ein. Schätzungen zufolge beläuft sich der Gesamtumfang der finanziellen Maßnahmen auf über 20 Billionen Dollar. Dieser aktuelle Wert, der höher ist als bei der Finanzkrise 2008, konnte Preiserhöhungen nicht verhindern. So sehen sich Regierungen doppelten, dreifachen oder noch höheren Erhöhungen bei Energie-, Rohstoff- und Energiepreisen als Folgen der aktuellen Entwicklungen gegenüber.
Warum die Inflation in Europa steigt
Bis Dezember 2021 erreichte die Inflationsrate in ganz Europa die Marke von 5 Prozent. Die Energieinflation wurde auf 26 Prozent beziffert. Entsprechend gehörten steigende Energiepreise, besonders im Vergleich zu anderen Regionen, zu den Hauptgründen für die Inflation auf dem Kontinent. Während die Preise in verschiedenen Sektoren wie Dienstleistungen, Lebensmittel und Industrie vergleichsweise geringer stiegen, verschärften die durch die Pandemie verursachten Versorgungsprobleme die Situation. Die Inflation, die in den baltischen Ländern zweistellig anstieg, erreicht damit ein Niveau, das auch Ländern wie Belgien, Spanien und den Niederlanden Sorge bereitet. Die Zentralbanken Russlands und Englands haben begonnen, die Zinssätze allmählich zu erhöhen. Chinas Notenbank hingegen nahm unter Berufung auf die Pandemie weitere Zinssenkungen vor. Während also die Länder ihre Geldpolitik nach ihren eigenen Bedürfnissen pragmatisch gestalten, erreichen Hersteller- und Verbraucherinflation in Europa historische Höchststände. Das nach der Einführung des Euro erreichte höchste Niveau der Inflation in seiner Geschichte wird die Regierungen 2022 zu neuen Maßnahmen zwingen und hat sogar das Potenzial, politische Wahlen zu beeinflussen.
Ebenso könnte die Verbreitung der Omikron-Variante des Covid-Erregers Europa vor neue wirtschaftliche Probleme stellen. Nimmt man noch Dürren und steigende Lebensmittelpreise hinzu, könnte sich die aktuelle Situation für die Regierungen weiter verschärfen. Die weltweite Nahrungsmittelinflation, nach der globalen Finanzkrise ebenfalls auf einem neuen Höchststand, belastet viele Länder mit Preissteigerungen von bis zu 25 Prozent. Der Agrarsektor erlebte infolge der bereits 5 Jahre währenden heftigsten Hitzeperiode seit 1850 einen Ertrags- und Produktionsrückgang. Entsprechend wird befürchtet, dass soziale Unruhen mit steigenden Lebensmittelpreisen zunehmen werden, da auch pandemiebedingt die Arbeitslosigkeit steigt.
Einer der Hauptgründe für die Inflation in Europa sind steigende Energiepreise. Dieser Anstieg der Erdgas-, Öl- und Kohlepreise hat das Ausmaß der Energiekrise von 1973/74 erreicht. So stieg der Erdgaspreis um mehr als das Fünffache, der Preis für Kohle um das Dreifache und der Preis für Öl verdoppelte sich. Während die Regierungen bemüht sind, die Preiserhöhungen für die Bevölkerung einzudämmen, haben selbige bei wichtigen Konsumgütern dennoch den höchsten Wert der letzten 50 Jahre erreicht. Der Anstieg der Energiepreise, der die Folgen der globalen Versorgungskrise verstärkt, verteuert die Produktion und wird zum Preistreiber, der die Inflation anheizt. Hinzu kommt, dass die Binnennachfrage zurückgeht, während gleichzeitig die Märkte für den Außenhandel schrumpfen. Die Kaufkraft sinkt, und die Steuereinnahmen der öffentlichen Hand leiden ebenfalls. Hinzu kommt, dass Inflationsdruck Regierungen eigentlich zwingt, Subventionen zu kürzen bzw. Zentralbanken in Zugzwang setzt, nunmehr die Zinssätze zu erhöhen.
Politischer Wettbewerb und Inflationsbekämpfung
Fast 50 Prozent der europäischen Energieimporte stammen aus Russland. Während sich der Anstieg der Energiepreise in Russland in Mehreinnahmen widerspiegelt, erschwert der schwelende Konflikt des Landes mit den USA den Bau alternativer Energieübertragungsleitungen. Russlands drohende Intervention in der Ukraine verteuert Energieimporte sowohl politisch als auch sicherheitstechnisch. Insbesondere die Wirkungslosigkeit der von den USA und der Europäischen Union bislang verhängten Sanktionen gegen Russland wirkt sich negativ auf die Energiesicherheit Europas aus. Im Gegenzug hat Russland Exportbeschränkungen für verschiedene Agrarprodukte verhängt, und auch China hortet inzwischen verschiedenste Agrarprodukte. Mit diesem Protektionismus in einer Zeit, in der die landwirtschaftliche Produktion aufgrund von Dürre und Pandemie rückläufig ist, bedrohen diese Länder dadurch die Ernährungssicherheit Europas. Entsprechend hat der Kampf Europas gegen die Inflation zwei Aspekte: einen politischen und einen wirtschaftlichen.