Amnesty fordert Ende von „willkürlichen“ Reiseverboten in Tunesien
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty ruft in Tunesien zu einem Ende von Reiseverboten gegen Politiker, Beamte und Richter auf. Seit den politischen Umwälzungen unter Präsident Saied dokumentierte die Organisation mindestens 50 Fälle dieser Art.
27.02.2020, Tunesien, Tunis: Kais Saied, Präsident von Tunesien, hält wehrend der Vereidigungszeremonie der neuen Regierung im Palast der Republik eine Rede. (DPA)

Menschenrechtler haben ein Ende der in Tunesien verhängten Reiseverbote gegen Politiker, Beamte und Richter gefordert. Die Maßnahmen im Zuge des politischen Umbaus von Präsident Kais Saied seien „willkürlich“ und „rechtswidrig“, hieß es in einer Mitteilung von Amnesty International von Donnerstag. Saied habe die Justiz umgangen, zudem seien die Maßnahmen eine „eklatante“ Verletzung des Rechts auf Freizügigkeit der Betroffenen.
Die Menschenrechtler haben demnach bislang mindestens 50 Fälle dokumentiert - betroffen seien etwa Parlamentarier, Richter und Staatsbeamte. Die Organisation rechne mit noch mehr Fällen.
Der Präsident hatte vor einem Monat Regierungschef Hichem Mechichi abgesetzt und die Arbeit des Parlaments eingefroren. Er hob zudem die Immunität aller Abgeordneten auf. Kürzlich verlängerte Saied die zunächst für 30 Tage anberaumten Maßnahmen bis auf Weiteres. Seit Ende Juli wurden mehrere Kritiker des Präsidenten festgenommen oder unter Hausarrest gestellt. Saied behauptete, dass sie der Korruption, Steuerhinterziehung oder des Terrorismus verdächtigt werden. Er wolle sie mit Reiseverboten an einer Flucht hindern.
Parteien und betroffene Politiker kritisierten die Maßnahmen dagegen als Willkür. Der Oberste Richterrat des Landes fürchtet zudem Verleumdungskampagnen gegen Richter. Amnesty bemängelte, dass Betroffene keine Beweise einsehen oder gar anfechten könnten.

DPA