Nach dem Votum der Basis für eine Mitgliederbefragung über den künftigen CDU-Vorsitz sondieren mögliche Kandidaten hinter den Kulissen die Chancen für eine einvernehmliche Teamlösung. „Dass miteinander gesprochen wird, ist klar“, sagte der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen am Montag im Deutschlandfunk. Er gilt selbst als einer der Aspiranten für die Nachfolge von Parteichef Armin Laschet.
Keine Bestätigung gab es für einen Bericht der „Bild“-Zeitung, dass der frühere Unions-Fraktionschef Friedrich Merz versuche, den geschäftsführenden Bundesgesundheitsminister Jens Spahn in sein Team zu holen. „Nicht mein Absender, nicht meine Handschrift“, schrieb Merz dazu auf Twitter. Auch Spahn selbst wird Interesse am CDU-Vorsitz nachgesagt, außerdem auch dem Vizevorsitzenden der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Carsten Linnemann.
Zum ersten Mal stimmen 400.000 CDU-Mitglieder über Vorsitz ab
An diesem Dienstag kommen in Berlin Präsidium und Bundesvorstand der CDU zusammen, um über das weitere Vorgehen zu beraten. Dabei wird es vor allem um die Umsetzung der Mitgliederbefragung gehen, die eine Kreisdelegiertenkonferenz am Samstag mit großer Mehrheit gefordert hatte. Generalsekretär Paul Ziemiak will dazu einen Vorschlag vorlegen.
Die stellvertretende Bundesvorsitzende Julia Klöckner hatte der dpa nach der Konferenz gesagt, sie werde in den Spitzengremien dafür werben, dieses Votum ernst zu nehmen und anzunehmen. „In der jetzigen Situation ist der Wunsch nach breiter Einbeziehung der Mitglieder nicht nur verständlich, sondern notwendig.“
Für die CDU wird es das erste Mal sein, dass die rund 400.000 Mitglieder über den Parteivorsitz abstimmen können. Allerdings muss diese Entscheidung anschließend noch von einem Parteitag bestätigt werden. Die Partei verlasse sich darauf, dass das vorherige Votum der Mitglieder dabei „akzeptiert und respektiert wird“, betonte Ziemiak. Nach seinen Worten war das Stimmungsbild bei der Konferenz, zu der die 326 Kreisvorsitzenden und die 27 Bezirksvorsitzenden eingeladen gewesen waren, „überwältigend“ gewesen.
Offizielle Bewerbungen für den Parteivorsitz gibt es noch nicht. Hamburgs CDU-Landeschef Christoph Ploß ging am Montag bei „Bild live“ davon aus, dass die Kandidaturen bis zum kommenden Wochenende vorliegen werden. „Wir werden Friedrich Merz auf jeden Fall vorne brauchen. Der muss eine sehr, sehr wichtige Rolle spielen“, sagte Ploß. Er betonte, es gehe nicht nur um eine Person an der Spitze, „sondern es geht um ein Team“.
Röttgen machte im Deutschlandfunk sein Interesse am Parteivorsitz deutlich. Die CDU brauche zwar auch konservatives Gedankengut. „Nur für mich ist eindeutig klar, dass das Zentrum der Partei, auch der Vorsitzende in der Mitte stehen müssen“, sagte er. „Ich glaube, dass ich in der Mitte der Christlich Demokratischen Union stehe. Ich würde sagen: In der modernen Mitte.“
Die Union hatte mit Laschet als Kanzlerkandidaten bei der Bundestagswahl am 26. September ein historisch schlechtes Ergebnis von 24,1 Prozent eingefahren. Laschet, der jetzt nur noch einfacher Abgeordneter im Bundestag ist, gibt daher den Parteivorsitz ab, den er erst am Jahresanfang übernommen hatte. Damals hatte er sich gegen Merz und Röttgen durchgesetzt.
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