Nach einer sich über Wochen anbahnenden Krise und zwei überstandenen Vertrauensabstimmungen im Parlament in Rom, will Italiens Regierungschef Giuseppe Conte zurücktreten. Am Dienstag will der noch amtierende Regierungschef zunächst den Ministerrat am Vormittag über seinen Rücktritt informieren. Anschließend will er ihn bei Staatspräsident Sergio Mattarella offiziell einreichen, wie die Regierung am Montagabend mitgeteilt hatte.
Für Italien geht damit ein weiteres Kapitel in der zuletzt währenden Regierungskrise zu Ende, und gleichzeitig wird ein neues aufgeschlagen. Am 13. Januar hatte die mitregierende Partei Italia Viva von Ex-Ministerpräsident Matteo Renzi das Mitte-Links-Bündnis verlassen und die übrig gebliebenen Fünf-Sterne-Bewegung, Sozialdemokraten und die Kleinpartei Liberi e Uguali (Die Freien und Gleichen) in heftige Turbulenzen stürzen lassen.
In der vergangenen Woche folgte schließlich eine Vertrauensabstimmung im Parlament. Zunächst errang Contes Mannschaft in der größeren Kammer die Zustimmung mit einer absoluten Mehrheit. Im Senat, der kleineren Kammer, reichte es nur für eine einfache Mehrheit. Damit war klar: Die Regierung muss auf wackeligen Beinen weiterregieren. In Anbetracht weiterer Hürden in dieser Woche, bei denen Conte etwa mit einer symbolischen Niederlage in einer Parlamentsabstimmung rechnen musste, will er nun einen Schlussstrich ziehen.
Mit dem Rücktritt Contes ergeben sich damit verschiedene Optionen, wie es für Italien weitergehen könnte. Mattarella muss das Ersuchen zunächst akzeptieren. Theoretisch kann er den parteilosen Juristen danach wieder mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragen. Conte könnte damit sein drittes Kabinett seit 2018 aufstellen. Der Chef der Sozialdemokraten signalisierte, zu ihm zu halten. Auch Gesundheitsminister Roberto Speranza, der für die Liberi e Uguali im Kabinett sitzt, will mit dem 56-Jährigen weiter machen, ebenso Außenminister Luigi di Maio von der Fünf-Sterne-Bewegung.
Eine andere seit Wochen diskutierte Option ist eine Expertenregierung, die Italien zuerst über die drängendsten Probleme bringen soll. Die Corona-Pandemie hat das 60-Millionen-Einwohner-Land weiterhin fest im Griff. Außerdem muss Italien einen Investitionsplan für Milliardenhilfen aus dem EU-Wiederaufbaufonds in Brüssel vorlegen. Ein gewaltiges Streitthema, an dem das Bündnis mit Renzis Italia Viva unlängst zerbrochen war. Als Anführer dieser Technokraten-Regierung wird der frühere Präsident der Europäischen Zentralbank, Mario Draghi, gehandelt.
Denkbar wären auch vorgezogene Wahlen, wenn sich kein neues Bündnis findet, was vor allem die rechten Oppositionsparteien herbeisehnen. Vor allem Lega-Chef Matteo Salvini hofft damit genügend Stimmen beisammen zu haben, um eine Regierungsmehrheit mit anderen Parteien, wie etwa der konservativen Forza Italia von Ex-Premier Silvio Berlusconi und den rechten Fratelli d'Italia, stellen zu können.