Israels geplanter Großangriff auf Rafah im Süden des Gazastreifens könnte nach Ansicht von UN-Nothilfekoordinator Martin Griffiths zu einem Gemetzel führen. „Ich befürchte ein Gemetzel von Menschen in Gaza“, schrieb Griffiths in der Nacht zu Donnerstag auf der Plattform X (vormals Twitter). In einer Erklärung hatte er zuvor deutlich gemacht, dass mehr als die Hälfte der Bevölkerung des Gazastreifens in Rafah „zusammengepfercht“ sei und „dem Tod ins Auge“ blicke. Die weit mehr als eine Million Menschen dort hätten „wenig zu essen, kaum Zugang zu medizinischer Versorgung, können nirgendwo schlafen und nirgendwo sicher hingehen“, sagte Griffiths. „Sie sind, wie die gesamte Bevölkerung des Gazastreifens, Opfer eines Angriffs, der in seiner Intensität, Brutalität und Tragweite beispiellos ist“, sagte er.
Die internationale Gemeinschaft habe vor den gefährlichen Folgen einer Bodeninvasion in Rafah gewarnt, sagte Griffith und fügte hinzu: „Die israelische Regierung kann diese Aufrufe nicht länger ignorieren“. Israels Regierungschef Netanjahu hatte der israelischen Armee in der vergangenen Woche den Befehl erteilt, einen Großangriff auf Rafah vorzubereiten. Nach Angaben von Augenzeugen griff Israel bereits mehrfach die Stadt aus der Luft an. Dabei wurden Dutzende Menschen getötet, viele weitere verletzt.
Die Ankündigung sorgte international für heftige Kritik. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock sagte am Mittwoch bei einem erneuten Besuch in Israel, ein Großangriff in Rafah wäre «eine humanitäre Katastrophe mit Ansage». Die Menschen benötigten „sichere Orte und sichere Korridore, um nicht noch weiter ins Kreuzfeuer zu geraten“, sagte Baerbock.
UNRWA-Chef, Philippe Lazzarini, sieht keine Möglichkeit, die Menschen aus der Stadt Rafah im Süden des Gazastreifens wie von Israel gefordert zu „evakuieren“. „Evakuierung wohin? Es gibt keinen sicheren Ort in Gaza“, sagte Philippe Lazzarini. Der Norden sei mit nicht explodierten Sprengkörpern übersät. Man könne die Bevölkerung nicht dorthin bringen. Dort herrsche akute Unterernährung, eine Hungersnot drohe. „Es gibt keinen Ort, an den man evakuieren kann.“
Israels Vernichtungskrieg in Gaza
Israel hatte nach dem 7. Oktober die Versorgung des Gazastreifens mit Wasser, Lebensmitteln, Treibstoff und Strom gestoppt und zugleich massive Luftangriffe gestartet. Anschließend drangen Bodentruppen in den dicht besiedelten Küstenstreifen ein. Humanitäre Hilfslieferungen werden von Israel seitdem behindert. Fast zwei Millionen Menschen wurden gezwungen, in den Süden zu flüchten. Nun sollen sie laut Israel auch den Süden der abgeriegelten Enklave räumen. Doch es gibt keinen sicheren Ort in Gaza.
Nach palästinensischen Angaben wurden in Gaza seit dem 7. Oktober mehr als 28.570 Menschen getötet und Zehntausende verletzt. Die Zahl könnte weit höher sein, da noch viele Tote unter den Trümmern liegen und nicht geborgen werden können. Ein Großteil der Todesopfer sind Frauen und Kinder.